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Im Jahre 1894 wurde in Berlin die Versöhnungskirche errichtet, ein imposanter neogotischer Backsteinbau. Mit der Aufteilung Berlins in Besatzungszonen war die Kirchgemeinde ab 1945 geteilt – die Kirche lag im sowjetischen Sektor, die meisten Gemeindeglieder lebten im benachbarten französischen Sektor. Als 1961 die Berliner Mauer errichtet wurde, verlief diese direkt vor der Kirche, die nunmehr weder von Ostberliner noch von Westberliner Seite zugänglich war und verfiel.

1985 wurde die Kirche gesprengt, um die „Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit an der Staatsgrenze zu Berlin-West zu erhöhen“, so die offizielle Darstellung der DDR-Regierung. Keine fünf Jahre später fiel die Mauer, im Sommer 1990 begann der offizielle Abriß der Grenzanlagen. Das brachliegende Gelände, auf dem die Versöhnungskirche gestanden hatte, überwucherte. Während man allseits darum bemüht war, die Spuren der Teilung möglichst schnell zu beseitigen, stellte sich die Versöhnungsgemeinde die Frage nach einem angemessenen Umgang mit dem Ort und seiner Geschichte. Nach der Rückgabe des Grundstückes entschied sie sich, auf den Fundamenten der alten Kirche mit einfachsten Mitteln eine Kapelle zu errichten, einen modernen Bau, der den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gleichermaßen gerecht wird und der zugleich – ohne Verlorenes zu rekonstruieren – die noch erhaltenen Spuren bewahrt. Der Bau sollte auch in ökologischer Hinsicht zeitgemäß sein – Ressourcen schonend und nachhaltig. Sie entschied sich für einen Entwurf aus zwei ineinander liegenden ovalen Baukörpern, deren Achsen gegeneinander verschoben sind. Das äußere aus hölzernen Lamellen bestehende Oval nimmt die Ausrichtung der ehemaligen Versöhnungskirche auf, das innere Oval aus Stampflehm die bei Kirchen sonst übliche West-Ostausrichtung.

Der Stampflehmkörper wurde 1999 unter Leitung des österreichischen Lehmbauers Martin Rauch errichtet. Freiwillige von Offene Häuser aus vierzehn ost- und westeuropäischen Ländern unterstützten ihn dabei. Der erdfeuchte Lehm wurde in jeweils 30 Zentimeter starken Schichten zwischen eine Schalung eingebracht und dann auf etwa 8 Zentimeter verdichtet. Am 9. November 2000, dem 11. Jahrestag des Mauerfalls, wurde die Kapelle eingeweiht. Sie ist der erste öffentliche Stampflehmbau seit über einhundertfünfzig Jahren in Deutschland und zugleich der erste deutsche Kirchenbau aus tragendem Stampflehm. Der neue Ort, der mit der Kapelle entstanden ist, vereint wegweisende Ansätze in Bezug auf Architektur, Ökologie, Erinnerungskultur und europäische Verständigung.

Offene Häuser ist in besonderem Maße daran gelegen, die Versöhnungskapelle als Ort der Begegnung junger Menschen verschiedener Nationen zu gestalten. Alljährlich organisiert Offene Häuser internationale Projekte an der Kapelle der Versöhnung – so einen Planworkshop zur städtebaulichen Entwicklung des Umfeldes der Kapelle, Kunstprojekte zur Erinnerung an den Bau der Berliner Mauer und einen Workshop, im Rahmen dessen der Vorplatz der ehemaligen Versöhnungskirche archäologisch freigelegt wurde. Zudem unterstützen internationale Freiwillige von Offene Häuser die Kirchgemeinde seit Jahren dauerhaft beim Besucherdienst an der Kapelle.
 







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